Wegwarte - Heilpflanze des Jahres 2020

Wegwarte - Heilpflanze des Jahres 2020

Die Heilpflanze des Jahres 2020 ist die Gemeine Wegwarte (Cichorium intybus) .

Blau blüht sie am Wegesrand. Sie gehört zu den Wegbegleitern der Wanderer und Reisenden und weist mit ihren Blüten zur Sonne. Ihr hübsches Köpfchen ziert einen harten Stängel, der sich weder Sturm noch Regen beugt. Die Wegwarte hält Stand. Unbeirrbar steht sie dort, wo andere vorbeikommen, die sich auf den Weg gemacht haben.

Die Blume der Seele

Um die Wegwarte ranken sich viele Legenden und Mythen. Der himmelblauen Blume mit der besonderen Ausstrahlungskraft wurden magische Kräfte zugeschrieben. Während der Antike galt sie als Zauberpflanze und noch aus dem 17. Und 18. Jahrhundert sind Rituale um die Wegwarte bekannt. Der alte Paracelsus behauptete sogar, ihre Wurzel verwandele sich alle sieben Jahre in einen Vogel.
Dichter wie Hermann Löns  und Novalis haben die Wegwarte besungen. Die geheimnisvolle Blaue Blume wurde ein zentrales Symbol der Romantik. Sie steht für Sehnsucht und Liebe und für das metaphysische Streben nach dem Unendlichen. Die blaue Blume wurde später auch ein Sinnbild der Sehnsucht nach der Ferne und ein Symbol der Wanderschaft.

Die schöne Wegwarte ist auch eine Blume der Seele. Die Indianer Nordamerikas kannten Blumen, die die Seele der Menschen heilen können. Sie sagten: der Weg des Herzens und der Seele ist blau wie eine blaue Blume.
Im antiken Griechenland ordnete man der Milz die sogenannte "Schwarzgalle" (Melan-Chole=Schwarz-Galle) zu. Überwog er, so wurde der Mensch melancholisch, seine Haut wurde unrein und die Leber- und Gallenfunktion gestört. Die Wegwarte wurde als eines der wenigen Milzmittel zur Anregung von Leber, Galle und Milz eingesetzt und sie fand zur Heilung von Schwermut und Melancholie Anwendung. 

Die Anti-Stress-Pflanze

Mittlerweile bestätigen mehrere Forschungsergebnisse die seelisch ausgleichende Wirkung der Wegwarte. Wissenschaftler aus Niedersachsen fanden heraus, dass die Wegwarte spezielle Lactuca-Bitterstoffe, die sich durch zentral beruhigende Eigenschaften auszeichnen und natürliches Chrom enthält. Chrom sorgt für mehr Tryptophan (Vorstufe von Serotonin) und damit für mehr Serotonin. Prof. Dr. Dr. Holger Kiesewetter an der Berliner Charité führte eine kontrollierte Doppelblindstudie mit der Blauwarte-Pflanze durch.  87 Teilnehmern nahmen dazu fünf Wochen lang dreimal täglich drei Blauwarte-Tabletten (in Apotheken erhältlich) ein. Die Ergebnisse sind ermutigend: „Drei Viertel der Probanden fühlten sich schon nach kurzer Zeit ruhiger, während Antriebslosigkeit, Anspannung und Nervosität sich sogar bei fast 70 Prozent der Versuchspersonen besserten“, so der Studienleiter.
In der immer hektischer werdenden Welt ist die Wiederentdeckung einer Anti-Stress-Pflanze, die nicht müde macht, von großer Bedeutung. 

Die aufmunternde Wirkung der Wegwarte ist in einem Rezept von Susanne Fischer Rizzi eingefangen.

Gemütswein
1 l süßer Rotwein

Wegwarteblüten
Ysop (Blüten und Blätter)
Melisse
1 Vanillestange
Rosinen

Die frischen Kräuter werden zu gleichen Teilen gemischt und eine handvoll Rosinen gemörsert. Alles wird in ein Schraubdeckelglas gefüllt, bis es ganz voll ist und mit dem Wein übergossen. Das Glas wird gut verschlossen und 3 Wochen stehen gelassen. Danach den Wein abseihen.

Dr. Edward Bach erkannte ebenfalls die Seelenkräfte der Pflanzen und entwickelte 38 Mittel zur Heilung von seelischen Disharmonien. Auch die Wegwarte hat in seinem Rezeptbuch als Chicory einen Platz eingenommen. In einem positiven Chicory Zustand liebt man nicht, um geliebt zu werden und gibt nicht, um nehmen zu können, sondern tut dies aus reiner Freude am Lieben und am Geben.  


Die Wohltätige für Leber-Galle und Darm  

Auf der körperlichen Ebene wirkt die Wegwarte auch. Laut Kommission E wird sie bei Appetitlosigkeit und Magen-Darm-Beschwerden empfohlen und zwar einmal täglich eine Tasse mit 2 g bis 4 g der getrockneten Wurzel (Cichorii radix).
Das aus den Wegwartewurzeln gewonnene Inulin wird im Darm nicht abgebaut, es  unterstützt mit ihren schützenden Eigenschaften als Präbiotika das Wachstum der nützlichen Bifidobakterien.
Die Wegwarte sorgt zudem für einen ausgeglichenen Insulin- und Nervenstoffwechsel.

Homöopathen wenden Cichorium intybus bei Patienten mit Leber- und Galleerkrankungen an.

Muckefuck und Chicoree

Von der Wegwarte (Cichorium intybus) gibt es zwei Zuchtformen: die Variante «sativum», die Kaffeezichorie und die Variante «foliosum» mit den Untervarianten Chicorée und Radicchio. Ihre gerösteten Wurzeln dienen zusammen mit Gerste und Roggen als koffeinfreier Kaffeeersatz (Zichorien-Kaffee, Muckefuck). Beim Rösten der inulinreichen Wurzel entstehen Substanzen mit kaffeeähnlichem Geschmack. Auch heute noch gibt es solche als Landkaffee bezeichneten Kompositionen im Handel. Chicorée sind aus Zichorien-Wurzeln getriebene Blätter in Knospenanlage. Die Wurzeln schlägt man im Herbst mit den eingekürzten Rosettenblättern im Sandboden ein und deckt sie ab. Daraus treiben im Winter die großen Knospen mit den eng anliegenden Blättern, die da sie in Dunkelheit gezogen werden, bleich und zart bleiben. 

Die Gefährdete

Der Lebensraum für die Wegwarte ist bedroht. Hamburg und Niedersachsen stufen die Pflanze als gefährdet ein. In weiteren Bundesländern findet sich die Pflanze auf der sogenannten Vorwarnliste. Auf allen sonnigen unversiegelten Restflächen, Saumstrukturen und Brachflächen wächst die Wegwarte besonders gern. Sie eignet sich sehr gut zum Beispiel für Privatgärten vor der Haustür, Hangböschungen, entlang der Grundstücksgrenzen. Selbst Garagenauffahrten und Pkw-Stellplätze akzeptiert sie als ihren Lebensraum. Wer den Erhalt der Pflanze unterstützen möchte: Von der Wegwarte gibt es für die Frühlingsaussaat Samen zu kaufen (in Ansaat-Mischungen u. a. bei www.saatkontor.de) oder in kleinen Portionen bei der Loki Schmidt Stiftung oder dem BUND gegen eine Spende.

Bilder